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Unser Fasziennetzwerk – ein unterschätztes Multitalent

Erkenntnisse aus der Faszienforschung: Neue Perspektiven für Training, Prävention und Rehabilitation

Dr. Sabine Nunius

„Revolutionen“ im Sport bzw. der Trainingslehre sind eine Sache für sich. Wer bereits länger im Sport aktiv oder als Trainer tätig ist, weiß, dass es über die Jahre hinweg zahlreiche Trends und Modeerscheinungen gegeben hat. Viele von ihnen wurden zunächst als großer Durchbruch gefeiert, dann mitunter aber fast genauso schnell wieder verworfen. Von daher sind eine gewisse kritische Distanz und ein genaues Hinsehen zweifelsohne angebracht, wenn es um neuartige Trainingskonzepte und Strategien geht. Ein Thema, bei dem sich aktuell dennoch ein näheres Hinsehen lohnt: unser Faziennetzwerk.

Die Einsicht, dass unsere Faszien weitaus mehr als nur nutzloses Gewebe oder eine bloße Hülle sind, hat sich inzwischen in der Medizin wie in den Trainingswissenschaften durchgesetzt. Diese Erkenntnis ist noch vergleichsweise neu. So fand erst 2007 der erste Kongress für Faszienforschung in Boston statt. Dieses Datum ist insofern bedeutend, als hier eine neue Terminologie zur Beschreibung von Fasziengewebe eingeführt wurde: „Aufgrund ihres Verbundcharakters definiert man Faszien nun als kollagenes, faseriges Bindegewebe, das als Element eines körperweiten Spannungsnetzwerks zur Kraftübertragung betrachtet werden kann.“[1] Diese wissenschaftliche Neudefinition legte den Grundstein für zahlreiche Weiterentwicklungen, darunter die Übertragung des neu gewonnen theoretischen Wissens in praxisorientierte Anwendungen und Trainingskonzepte.

Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass sich innerhalb der letzten Jahre das Angebot im Sportbereich stark verändert hat. Insbesondere im Rahmen von Gruppenkursen finden sich heute zahlreiche Formate, die den Begriff „Faszien“ zumindest im Titel tragen. Was genau in diesen Programmen stattfindet, das heißt, wie die Faszien konkret stimuliert werden und wer von derartigen Ansätzen profitieren kann, ist dagegen nicht immer ganz so offensichtlich. Hier lohnt sich ein prüfender Blick! Die nachfolgenden Überlegungen und Fakten geben erste Hinweise auf mögliche Einsatzbereiche des Faszientrainings und illustrieren, worauf bei der Ausführung geachtet werden sollte.

Faszientraining – sinnvolle Ergänzung für fast jeden?

Zunächst stellt sich natürlich die Frage, für wen Faszientraining eigentlich geeignet und sinnvoll ist. Schleip und Müller geben auf diese Frage eine klare Antwort. Sie gehen davon aus, dass Sportler aus den unterschiedlichsten Disziplinen im Training wie in der Verletzungsprophylaxe von Faszientraining profitieren können: „Ein spezifisches Training, das einen kräftigen und beweglichen Faszienkörper anstrebt, könnte für Sportler, Tänzer, Kampfsportler sowie somatisch orientierte Bewegungstherapeuten von großer Bedeutung sein. Der optimale Faszienkörper ist sowohl elastisch als auch widerstandsfähig und reagiert verlässlich und effektiv auf verschiedene Aufgabenstellungen und Gegebenheiten.“[2]

Folgt man dieser Annahme, darf man davon ausgehen, dass die Integration von Faszientraining bzw. von Elementen, die die Faszien gezielt ansprechen, grundsätzlich für fast alle Sportler sinnvoll ist. Betrachtet man die unterschiedlichen Anforderungen in den jeweiligen Disziplinen, liegt jedoch auf der Hand, dass die jeweiligen Maßnahmen entsprechend auf die Bedürfnisse des Sportlers und seiner Sportart angepasst sein müssen. Somit gibt es eine Vielzahl an potenziell sinnvollen Formaten und Umsetzungskonzepten. Angesichts dieser großen Bandbreite an möglichen Programmen und Herangehensweisen, sollen hier exemplarisch zwei Bereiche vorgestellt werden, in denen aktive Wettkampfsportler wie Hobby-Sportler und Sport-Neueinsteiger profitieren können. Sie vermitteln einen ersten Eindruck davon, wie sich das Wissen über unser Fasziennetzwerk nutzen lässt, um Trainingspläne sowie Strategien zur Prävention und Regeneration sinnvoll und effektiv zu gestalten.

Dehnung und Mobilitätstraining – was bringt wirklich etwas?

Rund um das Thema Dehnung bzw. Stretching existieren zahlreiche Mythen. Eines der am häufigsten vorgebrachten Argumente für die Notwendigkeit regelmäßigen Stretchings ist die Annahme, mangelnde Dehnung verkürze den Muskel. Besonders oft wird diese These im Bereich des Kraftsports angebracht, vor allem dann, wenn es um die Frage geht, ob Kraftsportler durch ihr Training eine Muskelverkürzung herbeiführen, der mit Dehnung entgegen gewirkt werden müsse. Diese These lässt sich zumindest in dieser Pauschalität klar widerlegen:

„Wissenschaftliche Untersuchungen können nicht bestätigen, dass Krafttraining die Beweglichkeit einschränkt. Denkbar sind nur Einschränkungen, die aufgrund hoher Muskelmasse zur mechanischen Hemmung führen (Barlow et al., 2002). […] Untersuchungen zeigen, dass Dehnen, das zusätzlich zu einem 13-wöchigen isometrischen Krafttraining durchgeführt wurde, auf die viskoelastischen Eigenschaften der Muskulatur keinen Einfluss hat – weder auf die Kraft noch auf die Beweglichkeitswerte (Klinge et al., 1997).“[1]

Ein zweites Argument für die (angebliche) Notwendigkeit von Dehnung ist die Vermeidung von Verletzungen. Jedoch betrachtet die Wissenschaft das Stretching auch im Hinblick auf die Verletzungsprophylaxe eher kritisch.[2][3] So schlussfolgern etwa Marschall und Ruckelshausen in ihrer Studie: „Die These zur verletzungsprophylaktischen Wirkung des Dehnens wurde anhand einer Literaturanalyse von 59 Primärstudien überprüft. Die Frage, ob Dehnen einen Einfluss auf die Verminderung des Verletzungsrisikos hat, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Ebenso kann kein Zusammenhang zwischen der Beweglichkeit und dem Verletzungsrisiko nachgewiesen werden. Tendenziell scheint eine extrem geringe bzw. hohe Beweglichkeit das Auftreten von Verletzungen zu begünstigen.“[4]

Geht es also um Verletzungsprophylaxe und das Erbringen von Leistung, ist Dehnung per se kein ausschlaggebender Faktor. Was dagegen einen eindeutigen Einfluss auf Verletzungsrisiko und Leistung hat, sind Beweglichkeit und Mobilität. An dieser Stelle kommen auch die Faszien wieder ins Spiel, denn sie sind eng mit unserer Mobilität verbunden. Letztere ist beispielsweise beim Muskelaufbau von Bedeutung. So konnten etwa Studien zu Muskelzuwächsen bei Bizeps-Curls und Kniebeugen nachweisen, dass sich bei maximaler ROM eine höhere Hypertrophie einstellte.[5][6] Darüber hinaus stehen die Faszien in engem Zusammenhang mit Phänomenen wie Hyper- und Hypomobilität. Die aktuelle Forschung konzentriert sich hier vor allem auf extreme Ausprägungsformen und klinische relevante, also behandlungsbedürftige oder pathologische Formen. So werden die Faszien mittlerweile mit bestimmten Erkrankungen in Verbindung gebracht, etwa dem Ehlers-Danlos Syndrom und dem Marfan-Syndrom. Die hier entstandenen und entstehenden Therapieformen könnten sich zukünftig auch bei der Behandlung von milderen Ausprägungen als wirkungsvoll und hilfreich erweisen.

Die Faszien als Sinnesorgan: Neue Ansätze in der Schmerzbehandlung und Rehabilitation

Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich gerade im Bereich der Schmerzbehandlung. Hier gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass sich die Beschaffenheit des Fasziennetzes, insbesondere seine Elastizität, auf Propriozeption wie Interozeption auswirkt. Insbesondere die Interozeption steht wiederum in Zusammenhang mit (myofaszialem) Schmerz.[1] Angesichts der neusten diesbezüglichen Studienergebnisse ist anzunehmen, dass die Faszien in weitaus stärkerem Maß an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzsymptomatiken beteiligt sind, als bislang vermutet.

Innerhalb dieses Bereichs gab es in den letzten Jahren einige wahrhaft bahnbrechende Forschungsergebnisse. Im Jahr 2017 wurde sogar der Nobelpreis an ein Forscherteam verliehen, das sich vor allem der Erforschung von Rezeptoren im Fasziensystem widmet. Die entsprechende Pressemitteilung des Karolinska Instituts zeigt, welch vielfältige Möglichkeiten die Erkenntnisse der Forscher für zukünftige Therapieansätze bieten können:

„Die bahnbrechenden Entdeckungen der TRPV1, TRPM8 and PIEZO Rezeptoren der diesjährigen Nobelpreisträger haben es uns ermöglicht zu verstehen, wie Hitze, Kälte und mechanische Kräfte Nervenimpulse auslösen, die es uns ermöglichen, die Welt um uns wahrzunehmen und uns an sie anzupassen. Die TRP Rezeptoren sind wichtig für unsere Fähigkeit, Temperatur wahrzunehmen. Der PIEZO Rezeptor stattet uns mit dem Berührungssinn aus und der Fähigkeit, die Position und Bewegung unseres Körpers wahrzunehmen. Die Erkenntnisse der diesjährigen Nobelpreisträger haben Forschungen mit dem Ziel angestoßen, die Funktionen dieser Rezeptoren in einer Vielzahl physiologischer Prozesse zu erhellen. Das Wissen daraus kann genutzt werden, Behandlungen einer großen Bandbreite von Beschwerden zu entwickeln, darunter chronische Schmerzzustände.“[2]

In der Tat wird dieser Wissensbereich aktuell weiter beforscht und vertieft. In diesem Zusammenhang entstand auch die spannende Erkenntnis, dass die Faszien ein bedeutendes Sinnesorgan darstellen. Forscher fanden heraus, dass unser Fasziensystem vermutlich über 250 Millionen Nervenendigungen verfügt, die über den ganzen Körper verteilt sind. Damit übertrifft es die Haut mit geschätzten 200 Millionen Nervenendigungen bei weitem. Das bedeutet, dass, anders als bislang angenommen, nicht die Haut unser größtes Sinnesorgan ist, sondern unser Fasziennetzwerk. Als solches hat das Fasziensystem weitreichende Auswirkungen auf eine Vielzahl körperlicher Prozesse und beeinflusst sogar unsere Gefühle und Emotionen.

Was bedeutet diese Erkenntnis konkret für Sportler wie für Trainer? Hier lohnt sich ein genauerer Blick auf die Besonderheiten des Fasziensystems. Die nachfolgenden Stichpunkte vermitteln einen ersten Eindruck, in welcher Hinsicht die Faszien künftig eine bedeutende Rolle spielen könnten. Neusten Forschungsergebnissen zufolge zeichnet sich unser Fasziensystem insbesondere durch folgende Eigenschaften aus:[1]

  • Die Schwelle, an der die freien Nervenendigungen der Faszien auf mechanische Aktivierung reagieren, ist zwei Mal niedriger als bei den freien Nervenendigungen in Haut und Muskeln. Die Faszien reagieren damit sensibler auf mechanische Reize.
  • Die fascia thoracolumbaris, sprich, grob gesagt, die Faszie, die zentrale Rückenmuskeln im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich umspannt, reagiert besonders sensibel auf chemische Reize. Zudem hat sie die Tendenz, eine anhaltende Hypersensitivität zu entwickeln. Betrachten wir die Zahl der Menschen, die bei Stress und Anspannung unter Problemen im unteren Rücken leiden, wird ein möglicher Zusammenhang mehr als offensichtlich. Hinzu kommt, dass Schmerzen, die von Fasziengewebe in diesem Bereich ausgelöst werden, intensiver wahrgenommen werden als Schmerzen, die aus den darunter liegenden Muskeln stammen. Betroffene beschreiben diese Form von Schmerz beispielsweise als brennend, pulsierend oder stechend. Das erklärt, warum derartige Schmerzen oft als besonders quälend wahrgenommen werden, mit konventionellen Mitteln aber mitunter schwer zu behandeln sind.
  • Das autonome Nervensystem reagiert auf die Nozizeption, d. h. die Schmerzwahrnehmung, die von den Faszien ausgeht. Hier besteht ein weiterer Unterschied zu rein muskulären Phänomenen. Denn bei muskulärer Nozizeption erfolgt die Aktivierung des autonomen Nervensystems nicht oder in weitaus geringerem Maße. Somit wird erneut der Zusammenhang zu stressbedingten Schmerzreaktionen und einer Überaktivierung des Nervensystems deutlich.
  • Betrachtet man die Rezeptor-Typen im Fasziengewebe, zeigt sich eine weitere Besonderheit, die in Verbindung mit stressbedingten Belastungen stehen könnte. Denn die Zahl der sympathischen Nervenendigungen überwiegt hier bei weitem. Die Auswirkungen einer sympathikotonen Aktivierung machen sich auf den verschiedensten Ebenen bemerkbar. Dazu zählen unter anderem eine Veränderung in der Temperatur oder der Sauerstoffversorgung in bestimmten Bereichen. Derartige Prozesse führen beispielsweise dazu, dass sich entzündungsfördernde Zytokine sowie freie Radikale ansammeln. Dieser Vorgang hat wiederum negative Auswirkungen auf das Immunsystem. Derartige Erkenntnis bietet eine weitere Erklärung dafür, warum unter Stress unsere Anfälligkeit für Erkältungskrankheiten und Infekte steigt.
  • Es gibt deutliche Hinweise, dass der Tonus bzw. der Grad an Steifheit der Faszien über das autonome Nervensystem reguliert wird. Diese Einsicht bietet eine Fülle von Ansatzpunkten für neue Therapien und Trainingsmethoden. Es wird zudem vermutet, dass die Interaktion in beide Richtungen möglich ist, sprich dass über die Faszien auch eine Beeinflussung des autonomen Nervensystems erfolgen kann, etwa mit Hilfe spezieller Massagetechniken und manueller Behandlungsformen.
  • Studien zufolge besteht ein Zusammenhang zwischen chronischem emotionalem Stress und myofaszialem Schmerz. Dieser entsteht nicht zuletzt dadurch, dass die myofaszialen Schmerzrezeptoren eine Hypersensitivität entwickeln. Diese Hypothese bietet einen weiteren Erklärungsansatz dafür, warum viele Menschen, die unter einer emotionalen Dauerbelastung stehen, häufig von Schmerzen berichten, die in ihrer Intensität fluktuieren und/oder ungewöhnlich stark erscheinen.

Bereits diese kurze Übersicht zeigt eindrücklich, welche Möglichkeiten sich künftig im Bereich des Trainings, aber vor allem auch in der Therapie, Prävention und Rehabilitation ergeben könnten. Einige der Annahmen müssen noch final bestätigt oder durch weitere Studien untermauert werden.

Nichtsdestotrotz lässt sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass die Faszien offensichtlich weitreichende Auswirkungen auf Vorgänge in unserem Körper haben und neben körperlichen Phänomenen auch unsere Psyche beeinflussen. Dieses Wissen lässt sich bereits heute einsetzen, um beispielsweise die Mobilität zu verbessern oder zur Selbstregulation des autonomen Nervensystems beizutragen.

Faszientraining konkret – geeignete Maßnahmen und Ansätze

Was lässt sich nun aber konkret tun, um die Faszien in Training wie Rehabilitation gezielt anzusprechen? Grundsätzlich ist die Integration von Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Faszien fast immer sinnvoll, da die Faszien bei so gut wie jeder Form von Bewegung beteiligt sind: “The effective cooperation of many organs and structures is vital in movement. Thus the fascial network, quite overlooked until recently should be taken into consideration too. [Die effektive Zusammenarbeit vieler Strukturen und Organe ist für Bewegung essentiell. Das bislang wenig beachtete Fasziennetzwerk sollte dabei ebenfalls berücksichtigt werden.”[1] Zudem dient unser Fasziennetzwerk dazu, die unterschiedlichen Körperebenen miteinander zu verbinden und stellt so eine wichtige Grundlage für Haltung und Bewegung dar.[2]

Geht es darum, die Faszien zu stimulieren, besteht eine grundsätzliche Wahl zwischen aktiven und passiven Techniken. Für die passive Faszienstimulation existieren mittlerweile spezielle Formen von Massage und manueller Therapie. Bei diesen Angeboten steht in der Regel (noch) der physische Aspekt im Vordergrund. Sie werden daher überwiegend von Physiotherapeuten, Osteopathen, Rolfern, etc. durchgeführt. Allerdings zeichnen sich bereits erste Veränderungen in der Ausrichtung und die Herausbildung neuer Schwerpunkte ab. Durch den starken Anstieg an stressbedingten Beschwerden nehmen viele, ursprünglich rein somatisch ausgerichtete, Therapeuten, nun auch die mentale Dimension in den Blick. Umgekehrt setzt sich in der Psychotherapie und im Mentalcoaching die Einsicht durch, dass der Körper einbezogen werden muss, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Somit ergeben sich immer mehr Anknüpfungs- und Überschneidungspunkte zwischen beiden Bereichen. Einige der ursprünglich für den therapeutischen Kontext entwickelten Techniken lassen sich auch selbständig für Training und Regeneration einsetzen, etwa in Form von speziellen Massagetechniken oder durch den Einsatz von Hilfsmitteln wie Massagerollen aus Schaumstoff, Bällen, etc.

Sollen die Faszien aktiv beim Training angesprochen werden, kann dies häufig im Rahmen bereits bestehender Konzepte und Formate erfolgen. Es braucht also nicht zwangsläufig immer ein separates Programm! Vielmehr beinhalten viele etablierte Trainingsformen schon Übungen, die auch die Faszien ansprechen. Dazu zählen etwa plyometrisches Training, Yoga, Tanz und Kampfsport. Mutch fasst die zugrundeliegenden Prinzipien und Mechanismen, auf die es ankommt, wie folgt zusammen:[3]

  1. Vorbereitende Gegenbewegung: Durch eine leichte Vorspannung in die Gegenrichtung erhöht sich kurzzeitig die elastische Spannung des Faszienzugs. Diese wird anschließend über einen passiven Rückfederungseffekt freigesetzt.
  2. Flüssige und weiche Bewegungen: Diese Form der Bewegung verbessert langfristig die elastischen Faszieneigenschaften.
  3. Fließende, dynamische Dehnungen: Sie erfassen die langen Muskel-Faszien-Ketten in multidirektionalen Bewegungen und sprechen so möglichst große Bereiche des Fasziennetzes an.
  4. Verfeinerung der Faszien-Eigenwahrnehmung: Sie schärft die Wahrnehmung für Scher-, Gleit- und Spannbewegungen. Hierbei steht die Interaktion zwischen Hirn und zentralem Nervensystem bei der Verarbeitung von sensorisch-afferenten Informationen im Vordergrund. Diese Form des Trainings unterstützt die interaktive Verarbeitung und Integration.

 

Viele Sportler werden sich in diesen allgemeinen Grundsätzen wiederfinden und vermutlich erkennen, dass sie bereits seit Jahren Faszientraining betreiben – wenn vielleicht auch nicht unter diesem Titel. Von daher schließt sich der Kreis zum Anfang des Artikels und der Frage nach „Revolutionen“ im Trainingsbereich. Einmal mehr zeigt sich, dass das Rad nicht immer komplett neu erfunden werden muss, sondern es sich oftmals lohnt, auf Altbewährtes zurückzugreifen und dieses zu ergänzen und einzelne Elemente zielgerichtet und bewusst einzusetzen. Dass nun immer mehr Studienergebnisse die Wirksamkeit bestimmter bekannter und bereits praktizierter Techniken bestätigen, ist dann gewissermaßen ein angenehmer Bonuseffekt!

Weitere Fragen oder Interesse an einem Austausch? Die Autorin freut sich über Nachrichten an sabine.nunius@sanu-training.com!