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Back to sports Teil 2: Bewegung in jeder Lebensphase

Dr. Sabine Nunius

Frühes Erwachsenenalter – alternative Aufgaben, Verpflichtungen und Termine

Verfolgt man den Verlauf eines Sportlerlebens zeitlich weiter, tritt die nächste Schwelle, an der viele mit der Bewegung aufhören oder sie erheblich reduzieren an der Schwelle zum Erwachsenenleben ein. Was jetzt hinzu kommt, sind zunehmende Verpflichtungen, obligatorisch zu erledigende Aufgaben und fremdbestimmte Termine. So ist es während der Schulzeit für viele noch vergleichsweise leicht, regelmäßiges Training und Wettkämpfe in den eigenen Tagesablauf zu integrieren. Zumindest sind hier die späten Nachmittage und Abende zumeist frei von verbindlichen Terminen, ebenso das Wochenende. Das ändert sich mit dem Beginn einer Ausbildung oder der Aufnahme einer Arbeit teilweise erheblich! So verringert sich bei den meisten die vorhandene freie Zeit allein durch zusätzliche Aufgaben wie das Führen eines eigenen Haushaltes, Pendelzeiten, etc.  Ebenso nehmen Beruf und Ausbildung tendenziell mehr Zeit in Anspruch als der Schulbesuch und lassen weniger Raum zur selbständigen Gestaltung. Insbesondere diejenigen, die in Berufen mit fest vorgeschriebenen Arbeitszeiten tätig sind und/oder vielleicht sogar Schicht- und Wochenendarbeit leisten müssen, sehen sich vor erheblichen Herausforderungen, wenn es darum geht, regelmäßig an einem Training teilzunehmen und für Wettkämpfe zur Verfügung zu stehen. Wer beispielsweise Wechselschicht arbeitet, ist schlichtweg nicht mehr dazu in der Lage, an einem fixen Wochentag zur Verfügung zu stehen. Insbesondere bei Teamsportarten, in denen ein gemeinsames Training essentiell ist, bedeutet das unter Umständen das Aus für die aktive Laufbahn.

Ebenso kann es vorkommen, dass die Sorge vor schwerwiegenderen Verletzungen wächst und damit eine Abwägung stattfindet, ob es sich lohnt, das bisherige Hobby weiterhin fortzuführen, insbesondere dann, wenn es mit einem vergleichsweise hohen Verletzungsrisiko einhergeht. Das gilt übrigens bei weitem nicht nur für die Extremsportarten! So birgt, anders als man vielleicht vermuten könnte, Fußball das höchste Verletzungsrisiko: Jeder dritte Sportunfall stammt aus diesem Bereich.[1] Die klassischen Fußballverletzungen (Muskel- und Bänderverletzungen) passen zwar zeitlich nie wirklich gut in das eigene Leben. Allerdings gibt es bestimmte Zeitpunkte und Situationen, an denen die Auswirkungen besonders ungünstig sind und sich nur schwer bis gar nicht kompensieren lassen: Während ein Büroangestellter bei einem Kreuzbandriss, einer schwereren Sprunggelenksverletzung oder einer zertrümmerten Schulter in der Regel zumindest einen Teil seines Jobs rasch wieder ausführen kann, steht ein im Außenbetrieb tätiger Handwerker, ein Physiotherapeut oder ein Chirurg vor einem erheblichen Problem. Dient der Sport „nur“ als Hobby und Ausgleich zum eigentlichen Beruf, geben daher einige Athleten „ihren“ Sport (wenn auch schweren Herzens) aufgrund des zu hohen Verletzungsrisikos auf.

Bietet sich nun keine Alternative, um weiterhin aktiv zu bleiben, setzt, wie bereits oben beschrieben, mittelfristig ein Verlust an Fitness ein, mit den bekannten Folgen: Die Hemmschwelle, zurück in die Bewegung zu kommen, steigt und es wird immer schwieriger die notwendige Motivation zu finden. Beim Übergang ins Erwachsenenleben ist es daher besonders wichtig, Bewegungsformen zu finden, die sich in den eigenen Alltag integrieren lassen, die mit den persönlichen Karriereoptionen kompatibel sind und die so viel Spaß machen, dass sie auch dann noch ausgeübt werden, wenn wenig Freizeit bleibt und aktiv Prioritäten gesetzt werden müssen. Das klingt so formuliert relativ banal und selbstverständlich? Im Grunde genommen ist es das auch. Allerdings scheitert in der Praxis das Vorhaben, langfristig aktiv zu sein, häufig an genau diesen Punkten, also ungünstigen Rahmenbedingungen, einer zu eng getakteten Zeitplanung und einer Anspruchshaltung an sich selbst, die nicht ausreichend berücksichtigt, was einem persönlich Spaß macht, wo man sich wohlfühlt und was man dauerhaft mit einer gewissen Freude und nicht nur aus Pflichtbewusstsein heraus tun wird.

Mittleres Erwachsenenalter: Die rush-hour des Lebens

Die gleichen Aspekte lassen sich ebenso auf die nächste Lebensphase übertragen, ca. die 30er und frühen 40er Jahre, die heute häufig als „rush hour“ des Lebens bezeichnet werden, weil so viel parallel stattfindet bzw. stattfinden soll. Durch die vergleichsweise langen Ausbildungszeiten im akademischen Bereich erfolgt der Berufseinstieg mitunter erst in der zweiten Hälfte der 20er Jahre oder den frühen 30er. Das ist der Zeitpunkt, in dem es für viele gilt, beruflich Gas zu geben und die Karriere voranzutreiben. Gleichzeitig ist dies ebenso der Zeitraum, in dem eine Familiengründung in den Vordergrund rückt. Und zu guter Letzt handelt es sich um die Jahre, in denen uns unsere physische Leistungsfähigkeit tendenziell noch Bestleistungen ermöglicht, was ein sportliches Durchstarten nahelegt. Will man darüber hinaus weitere Hobbys pflegen, Freunde und Familie treffen, reisen, Events besuchen etc. wird die Zeit schnell knapp – der Begriff „rush hour“ zeigt seine Berechtigung.

Wie wirkt sich das auf die Sportbegeisterung der Erwachsenen aus? Ein grundsätzliches Interesse scheint zu bestehen, wie Statista meldet: „Zuletzt waren mehr als 35 Prozent der Männer und über 22 Prozent der Frauen in Deutschland Mitglied in einem Sportverein. Betrachtet man sportliche Präferenzen zwischen Männern und Frauen in Deutschland ist schnell ersichtlich, dass je Geschlecht eine bestimmte Sportart ganz besonders für eine Vereinsmitgliedschaft favorisiert wird. So gab es zuletzt mehr als drei Millionen weibliche Mitglieder in Turnvereinen und mehr als sechs Millionen männliche Mitglieder in Fußballvereinen in Deutschland, womit sich tatsächlich eine geschlechtsspezifische Präferenz feststellen lässt. Bundesweit wurden im Jahr 2023 etwa 24,2 Millionen Mitglieder in den deutschen Sportvereinen gemeldet.“[2]

Allerdings bedeutet die reine Mitgliedschaft nicht automatisch, dass die dort Angemeldeten tatsächlich aktiv sind – die „Kartei-Leichen“, die zwar regelmäßig zahlen, aber kaum jemals vor Ort anzutreffen sind, kennt wohl jeder Verein und jedes Fitnessstudio. Insbesondere bei den Präsenzangeboten gab es erzwungenermaßen durch Corona und die damit verbundenen lock-downs eine erhebliche Delle. Haben sich die Zahlen wieder erholt? Es scheint, dass tatsächlich eine Steigerung hinsichtlich der aktiv verbrachten Zeit pro Tag stattgefunden hat. Diese bewegt sich allerdings im Minutenbereich. In einer Erhebung aus dem Jahr 2024 kam Destatis zu dem Schluss, dass ganze 5 Minuten mehr aufgewendet werden als vor 10 Jahren, was zu folgenden Werten führt: „Während Männer zuletzt 36 Minuten am Tag sportlich aktiv waren, verbrachten Frauen 32 Minuten des Tages mit Sport.“ Im Vergleich dazu schneiden andere Freizeitangebote deutlich besser ab. So heißt es weiter: „Gegenüber anderen Freizeitaktivitäten nimmt Sport im täglichen Leben der Menschen in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle ein: Im Schnitt verbrachten sie knapp ein Zehntel ihrer Freizeit von insgesamt 6 Stunden und 10 Minuten am Tag mit Sport. Mit 2 Stunden und 8 Minuten entfiel gut ein Drittel der Freizeit auf Fernsehen und Streaming.“[3]

Diese Zahlen sind insofern interessant, als die gängige Meinung herrscht, es sei für den Sport ab einem gewissen Alter schlichtweg keine Zeit mehr. Letztendlich handelt es sich dabei jedoch vielfach um einen Trugschluss, wie das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen in einem Infoblatt bekräftigt: „Der typische Weg eines Erwachsenen scheint derzeit in Inaktivität zu münden. Schon in der Jugendzeit sind die Startbedingungen für ein körperlich aktives Leben eher mäßig gut. Erst kommt der Beruf, dann oder auch gleichzeitig die Gründung einer Familie, die Karriere, die Vermögensbildung und vieles mehr, was zur subjektiven Annahme führt, es sei keine Zeit, sich um den eigenen Körper zu kümmern. So ist denn auch „mangelnde Zeit“ ein häufig genannter Grund, warum es nicht gelingt, ausreichend körperlich aktiv zu sein.“ [4]

Weiterführende Befragungen (sowie der gesunde Menschenverstand…) zeigen deutlich, dass sportliche Betätigung vor allem dann stattfindet, wenn die Rahmenbedingungen günstig sind. Einmal mehr ist diese Beobachtung wenig überraschend: Wenn die Sportstätte leicht erreichbar ist, die möglichen Trainingszeiten zum eigenen Tagesablauf passen, das Umfeld als angenehm wahrgenommen wird und wir das Angebot als gut bezahlbar empfinden, steigt unsere Motivation und somit die Wahrscheinlichkeit, dass wir tatsächlich zum Sport gehen, anstatt nur zu planen, was wir eigentlich tun wollten. Warum fällt es dann aber trotzdem so vielen noch schwer, sich, insbesondere nach längeren Auszeiten, aufzuraffen? Ein Aspekt ist sicherlich die Tatsache, dass vor allem nach größeren Pausen eine gewisse zeitliche Investition notwendig ist. Wir müssen uns beispielsweise um neue Ausrüstung und Kleidung kümmern, die aktuellen Trainingszeiten heraussuchen, das alte, längst nicht mehr auf dem Arbeitsweg liegende Fitnessstudio kündigen und dafür ein neues suchen, uns in einem Umfeld zurechtfinden, das uns noch nicht vertraut ist etc. All das ist mit gedanklichem und zeitlichem Aufwand verbunden. Kämpfen wir ohnehin schon mit einer gering ausgeprägten Motivation, können genau diese Faktoren den Ausschlag geben, das Projekt Sport einmal mehr zu verschieben. Stellen wir fest, dass genau das immer wieder geschieht, lohnt es sich, Aufgaben wie Kündigungsschreiben bei nicht mehr genutzten Angeboten, Terminvereinbarungen für neue Testtermine etc. als feste „To Dos“ in den eigenen Kalender zu schreiben, anstatt sie „irgendwann mal anzugehen, wenn es reinpasst“. Denn das ist sicher: Unangenehme Aufgaben, auf die wir eigentlich keine Lust haben, passen nie wirklich gut rein und es wird sich stets etwas finden, das wir alternativ tun könnten. Der initiale Aufwand lohnt sich jedoch: Sind die Rahmenbedingungen neu geschaffen, fällt es wesentlich leichter, zurück zur Trainingsroutine zu finden und diese anschließend aufrecht zu erhalten.

Ein zweiter Aspekt, der in der rush hour des Lebens zunehmend eine Rolle spielt: die psychologische Barriere wieder zum Sport zu gehen, verbunden mit der Angst, sich vor den anderen aufgrund des eigenen körperlichen Zustands zu blamieren. Diese Furcht ist potenziell in jedem Alter präsent. In den „mittleren“ Jahren verstärkt sie sich mitunter, weil die Unterschiede zwischen Gleichaltrigen ggf. noch eklatanter sichtbar werden. Während der Körper in den jungen Jahren vergleichsweise viel verzeiht, zeigt sich mit Mitte bis Ende 30 schon viel deutlicher, wer zumindest halbwegs aktiv geblieben ist und wer seine Zeit überwiegend sitzend und/oder vor einem Computer verbracht hat. Besonders frustrierend kann dabei der Vergleich mit Älteren sein: Es ist durchaus möglich, dass ein langjähriger Schreibtischtäter bereits beim Treppensteigen außer Atem kommt, ein 20 Jahre älterer Sportler dagegen noch lange Läufe unternimmt, Tennis spielt oder vergleichsweise intensives Krafttraining betreibt. Letztendlich hilft es an dieser Stelle nur, in irgendeiner Form über den eigenen Schatten zu springen. Wem dieser Schritt sehr unangenehm ist der, kann sich überlegen, zunächst sozusagen ohne Publikum zu trainieren, sei es in einem Online-Setting oder mit einer 1:1 Betreuung etwa durch einen Personal Trainer oder Coach. Das senkt die Schwelle, überhaupt anzufangen und erlaubt darüber hinaus eine Belastungssteuerung, die an das individuelle Leistungsniveau angepasst ist.

„Seniorensport“: Neue Perspektiven entwickeln und die Perspektive anpassen

Was kommt danach und mit welchen Hindernissen werden wir im Seniorenbereich konfrontiert? Der Faktor Zeit spielt auch im letzten Abschnitt, der hier betrachtet werden soll, eine zentrale Rolle, allerdings in anderer Hinsicht als zuvor. Heißt es in den 20ern bis 50ern meist „dazu habe ich keine Zeit“, fällt nach dem Eintritt ins Rentenalter häufig der Satz „jetzt habe ich ja Zeit für so was!“. Das ist sicherlich eine gute Voraussetzung – allerdings müssen anschließend Taten folgen. Bei einigen gelingt das sehr gut: „Im Rahmen einer forsa-Umfrage unter älteren Menschen im Auftrag der DAK vom Mai 2023 gaben deutschlandweit rund 19 Prozent der Befragten im Alter zwischen 60 und 69 Jahren an, sich einmal die Woche mindestens 30 Minuten am Stück bei hoher Intensität¹ körperlich zu betätigten.[5] Allerdings sind diese Aktiven eher die Ausnahme. Ansonsten gilt laut DAK: „Die Mehrheit der Menschen ab 60 bewegt sich zu wenig. 62 Prozent der über 60-Jährigen zeigen einen deutlichen Bewegungsmangel. Nur etwas mehr als ein Drittel sind entsprechend den nationalen Bewegungsempfehlungen aktiv. Mit zunehmendem Alter verschärft sich das Problem noch: Von den Menschen über 80 ist fast die Hälfte (45 Prozent) gar nicht mehr intensiver aktiv. Das zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit. Die Kasse warnt vor einem Verlust an Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität.“ [6]

Wie gesagt, Zeitmangel dürfte als Hinderungsgrund nun in den Hintergrund treten. Dennoch gilt es, die vorhandene Zeit sinnvoll zu füllen und zu strukturieren. Das kann insofern zur Herausforderung werden, als möglicherweise neue Routinen aufgebaut werden müssen und es herauszufinden gilt, was dem Körper aktuell zumutbar ist und in welcher Dosis eine Steigerung erfolgen kann. „Einfach mal machen“ wie es in den Jahren davor für viele möglich war, endet im Seniorenbereich nach längerer Auszeit leider nicht selten in Überlastungen und Verletzungen. Zudem braucht der Körper mehr Regeneration als früher. Es funktioniert also nicht, schlichtweg die Trainingspläne von früher hervorzuholen und zu versuchen, dort anzusetzen, wo man vor einem Jahrzehnt oder mehr aufgehört hat.

Warum erweisen sich diese Aspekte als derartige Herausforderung? Das grundsätzliche Prinzip dürfte jedem bewusst sein, also die Tatsache, dass wir älter werden, zunehmend körperliche Einschränkungen haben, nicht mehr so belastbar sind wie früher etc. Diese Fakten theoretisch zu verstehen und sie für sich praktisch umzusetzen, sind jedoch zwei verschiedene Dinge. Insbesondere Sportler können hier vor einer Schwierigkeit stehen, weil sie unter Umständen von ganz anderen (sehr hoch liegenden) Voraussetzungen ausgehen und es etwa gewohnt waren, bei einem „kurzen“ Regenerationslauf drei bis fünf Kilometer zurückzulegen. Diese Distanz wird nach Jahren der Inaktivität zumindest mit einem heftigen Muskelkater belohnt. Es gilt also ggf., den eigenen Körper wieder neu kennenzulernen. Dieser Prozess kann insofern die Stimmung senken, weil er ab einem gewissen Alter fast immer beinhaltet, auch das wahrzunehmen und einzuordnen, was nicht mehr oder nicht mehr im gewohnten Rahmen geht. Sich mit dieser Einsicht zu arrangieren ist für einige ein schmerzlicher und teilweise frustrierender Prozess. Was kann helfen? Zumindest in einem gewissen Maße lässt sich bei vielen der Fokus auf das lenken, was aktuell möglich ist und zu versuchen, diese Bereiche zu nutzen und auszubauen. Ebenso lohnt es sich, die Perspektive zu erweitern und Dinge in Betracht zu ziehen, die zuvor – aus welchen Gründen auch immer – nicht in Frage gekommen wären.

Einmal mehr ist dabei Eigeninitiative gefragt, sich nur auf die vorhandenen Angebote zu verlassen, ist meist zu wenig, wie der DOSB bestätigt: „[V]iele Seniorinnen und Senioren fühlen sich jung genug (und sind es), um mehr zu erwarten als Präventionskurse und Herzsportgruppen – die es trotzdem mehr denn je braucht, da auch und gerade die Gruppe der über 80-Jährigen wächst. Ebenso aber sind Walking-, Wander- und weitere Angebote gefragt, die Sport und Bewegung in der Gruppe ermöglichen. Denn gerade ältere Mitglieder betrachten den Verein als sozialen Treffpunkt. Weil sie mehr werden und oft finanziell gut ausgestattet sind, vertreten die Älteren ihre Anforderungen und Bedürfnisse an einen Sportverein zunehmend selbstbewusst. Das ist gut, denn so können Vereine maßgeschneiderte Angebote erstellen.[7]

Letztendlich zeigt sich an dieser Stelle also erneut das Phänomen, das wir in jeder der beschriebenen Phasen beobachten konnten: Sport findet vor allem dann statt, wenn die Rahmenbedingungen günstig sind und wir eine gewisse Freude an der gewählten Aktivität finden. Wie diese dann konkret ausgestaltet ist, ist tendenziell weniger relevant und bleibt jedem selbst überlassen. Die Palette der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist schier unendlich und kann mit etwas Kreativität an sehr viele Lebensumstände und Fähigkeiten angepasst werden. Gerade in Zeiten, in denen es weniger gut läuft, wir motivationslos sind oder uns frustriert fühlen, ist es wichtig, den Einstieg so unkompliziert und niederschwellig wie möglich zu gestalten, also Aktivitäten zu planen, bei denen wir nicht schon von vornherein fürchten, körperlich überfordert zu werden oder im Anschluss mit Schmerzen zu kämpfen. Dieser Aspekt sollte vor allem dann bedacht werden, wenn es darum geht, andere (ältere) Menschen zu mehr Bewegung zu motivieren: Wer beispielsweise ohnehin mit Schmerzen kämpft, wird alles tun, um eine Verschlimmerung zu vermeiden und Angst haben, zu sehr in die Intensität zu gehen oder einzelne Bewegungen auszuführen. Hier braucht es Geduld, Begleitung und Einfühlungsvermögen. Gleiches gilt, wenn das Problem „nur“ die mangelnde Fitness ist: Wer jahrelang keine längere Strecke gelaufen ist, befürchtet schlichtweg, „bloß“ 4 Kilometer um den See nicht zu schaffen und sich zusätzlich zu blamieren, weil nicht einmal mehr eine solche „Pippifax-Strecke“ gelingt. Erneut helfen offene, respektvolle Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und ein sanfter Einstieg, z. B. auch über aktive Tätigkeiten wie Gartenarbeit oder ein Start mit sehr kurzen Strecken, die ausreichend Gelegenheiten zur Pause oder zum vorzeitigen Abkürzen bieten. Alternativ möglich ist darüber hinaus ein vorbereitendes Training im Fitnessstudio, wo jederzeit abgebrochen werden kann und somit nicht das Schreckgespenst „den Rückweg muss ich auch irgendwie noch schaffen“ droht.

Fazit: Rahmenbedingungen, persönliche Situation, eigene Vorlieben und Spaß als ausschlaggebende Faktoren

Der Überblick über den Verlauf eines Sportlerlebens zeigt, dass die Umstände jeweils verschieden, die Ursachen für die Inaktivität letztendlich aber erstaunlich gleich sind: Wenn Dinge keinen Spaß machen, schlecht in unseren Tagesablauf passen und mit zu hohem Druck verbunden sind, neigen wir dazu, sie aufzuschieben oder nur eine Weile lang aus Pflichtbewusstsein durchzuführen, um sie anschließend schnell komplett aufzugeben. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wollen wir langfristig aktiv sein und selbst nach längeren Pausen erneut in die Bewegung kommen, sollten die Rahmenbedingungen so günstig wie möglich gestaltet sein.

Konkret bedeutet das:

  • Zeiten: Wenn von vornherein feststeht, dass wir jedes Mal gehetzt sind, regelmäßig etwas anderes dazwischenkommt oder wir zu diesem Zeitpunkt viel lieber etwas anderes täten, stehen die Chancen auf Regelmäßigkeit schlecht. Passen die Zeiten dagegen in unseren Tagesablauf und stehen halbwegs im Einklang mit unserem Biorhythmus, wird die neue Routine deutlich leichter.
  • Format: Online, 1:1 oder in Präsenz in der Gruppe? Alles ist möglich! Wichtig ist, dass wir uns grundsätzlich wohl fühlen und mit der Nutzung des Formats zurechtkommen – das schließt nicht zuletzt die technischen und räumlichen Voraussetzungen ein, etwa beim Streaming von Kursen oder beim Training mit Apps!
  • Sportart: Wer einen Sport nur aus Vernunftgründen ausführt, etwa um etwas für seine Gesundheit zu tun, wird nur mit hoher Willenskraft dabei bleiben und jedes Mal von neuem Energie aufwenden müssen, um überhaupt zu starten. Dinge, für die wir (zumindest etwas…) intrinsisch motiviert sind, fallen deutlich leichter!
  • Umfeld/Örtlichkeit: Ist der Ort für uns gut erreichbar und fühlen wir uns dort wohl? Wenn ja, sind das die besten Voraussetzungen, um selbst dann zum Training zu gehen, wenn wir eigentlich keine Lust haben oder es zeitlich eng wird.
  • Intensität: Wer jedes Mal befürchten muss, nicht durchzuhalten, verbindet das Training in erster Linie mit Qual und Anstrengung. Im Hobbybereich lohnt es sich daher, die Schwelle so anzusetzen, dass wir zwar etwas gefordert, aber keineswegs überfordert sind!
  • Lebensumstände: Selbst wenn wir z. B. eigentlich Morgenmenschen wären und eine große Begeisterung für eine gewisse Sportart hegen: Die Durchführung ist nur dann sinnvoll und langfristig möglich, wenn das Format halbwegs zu unseren Lebensumständen passt. Ist das nicht (mehr) der Fall, lohnt es sich, nachzujustieren und ggf. zeitweise Alternativen zu finden, anstatt regelmäßig gefrustet zu sein, weil es doch wieder nicht mit dem Training oder Wettkampf klappt.
  • Spaß und persönliche Vorlieben: Das Leben bringt in der Regel genug Hindernisse mit sich – es ist mehr als verständlich, dass wir die uns verbleibende Zeit so angenehm wie möglich verbringen wollen. Dieser Aspekt sollte in jedem Lebensalter berücksichtigt werden, selbst wenn das bedeutet, einen Sport auszuüben, der für das eigene Alter untypisch ist, dazu Musik zu hören, die „nicht zur Altersklasse“ passt oder eher unstrukturiert zu Hause vor der Lieblingsserie vor sich hinzuradeln, wenn auf diese Weise zumindest etwas Bewegung ins Leben kommt. Manchmal ist regelmäßige, nicht bis ins Letzte optimierte Aktivität deutlich wertvoller als ein zu 100% perfekter Trainingsplan, der keinerlei Spaß bereitet (und damit schnell wieder in der Schublade verschwindet)!

Werden diese Aspekte berücksichtigt, stehen die Chancen gut, dass es mit einem dauerhaften „return to (and stay in) sports“ selbst nach längeren Auszeiten klappt und (individuell angepasste) Bewegung bis ins hohe Alter stattfindet.

Fragen oder Interesse an einem weiteren Austausch? Ich freue mich über alle Nachrichten!

Sabine Nunius | sabine.nunius@sanu-training.com

 

 

[1] https://www.gdv.de/gdv/themen/gesellschaft/versicherungen-im-fussball/fussball-verletzungsrisiko-sportunfall-statistik-179046, abgeruf. 07.10.2024.

[2] https://de.statista.com/themen/2198/sportvereine/#topicOverview, abgeruf. 16.10.2024

[3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2024/PD24_21_p002.html, abgeruf. 16.10.2024

[4] https://www.lzg.nrw.de/_media/pdf/ges_foerd/bewegungsfoerderung/faktenblaetter/erwachsene_faktenblatt_lzg-nrw.pdf, abgeruf. 16.10.2024

[5] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1418372/umfrage/intensive-koerperliche-aktivitaet-bei-aelteren-menschen-nach-alter-in-deutschland/, abgeruf. 16.10.2024

[6] https://www.dak.de/presse/bundesthemen/umfragen-studien/mehrheit-der-menschen-ab-60-bewegt-sich-zu-wenig_48346, abgeruf. 16.10.2024

[7] https://www.dosb.de/sportentwicklung/demografische-entwicklung#akkordeon-6318, abgeruf. 16.10.2024